Viele Leute denken, als Heilpraktiker kann man sich selbst am besten behandeln. Dabei vergessen sie jedoch, dass man den Splitter im Auge des anderen immer besser sieht, als den Balken vor dem eigenen Kopf. Trotzdem, manchmal geht es nicht anders und man ist gezwungen, sich selbst ein homöopathisches Mittel zu verabreichen. So geschehen im Sommer 2008. Ich erwache nachts frierend und muss mir eine zweite Decke nehmen. Morgens fühle ich mich wie gerädert. Die gesamte Körperrückseite schmerzt, ebenso scheint die Muskulatur der linken Brustseite zu schmerzen. Ich fühle mich schwach und grüble, wo das jetzt plötzlich herkommt. Das Fieberthermometer zeigt reichlich 38°. Ich kann mir nicht wirklich einen Reim drauf machen und denke, es ist wie ein Muskelkater – das passt jedenfalls mit einer ungewohnten körperlichen Tätigkeit am Vortag zusammen und den schmerzenden Muskeln auf der gesamten Rückseite meines Körpers – aber Muskelkater mit Fieber ? Ich zweifle, aber nehme mir Arnika in einer C30 und das Ganze dann noch bei Bedarf mehrmals in Wasser aufgelöst.


Arnika hilft, die Muskelbeschwerden und dieses zerschlagene Gefühl werden deutlich besser bis zum Abend. Ich habe tagsüber Appetit und esse normal viel. Aber ab Nachmittag steigt das Fieber – es klettert bis nachts auf 40°, wiederum mit Frösteln. Nachts kommen Kopfschmerzen dazu, ich muss relativ aufgerichtet im Bett liegen, erwache häufig und wenn ich meine Tochter stille, läuft mir ein ganz unangenehmes Schaudern über den gesamten Körper. Die linke Brust fällt außerdem manchmal durch ein kurzes Stechen auf. Die Beschwerden in der Brust sind nicht sonderlich auffällig, eher dieses gesamte Krankheitsgefühl und die starken Kopfschmerzen machen mir zu schaffen. Gleichfalls schmerzt die rechte Hälfte des Unterkiefers bis hin zu den Ohren. Die Schmerzen im Kopf – und Kieferbereich klingen aber nach dem Frühstück weitgehend ab. Das Fieber bleibt jedoch bei 39°, zusätzlich schmerzt die Nierengegend und es gibt leichte Beschwerden beim Wasserlassen und einen zunehmenden Harndrang mit nur wenig Harnabsonderung. Am Abend dieses zweiten Krankheitstages wird dann klar, dass das ganze Geschehen wohl von einer Mastitis der linken Brust herrührt – ich sehe beim Duschen einen roten Streifen auf meiner Brust, die tagsüber zunehmend druckempfindlicher wurde und verhärtet ist. Ich werfe noch einen Blick in das Repertorium sowie die Materia Medica von Vermeulen und Phatak und entscheide mich schnell für Phytolacca. Das Mittel beginnt augenblicklich zu wirken. Das Fieber fällt weiter und die Brustschmerzen klingen in zwei Tagen gänzlich ab.

Durch das Lesen der MM fällt mir ein, dass etwa zwei Tage vor dem Beginn der Erkrankung meine Zungenwurzel schmerzte und die linke Unterzungenspeicheldrüse mal wieder Beschwerden machte. Sie war gerötet und geschwollen, das Herausstrecken der Zunge schmerzte, z.T. auch die Zunge beim Sprechen. Und last but not least – ich habe noch immer Amalgam im Mund und damit Quecksilber. Ein Zahn ist durch ein kleines Loch auffällig, so dass ich davon ausgehen muss, dass wieder ein größeres Stück Amalgam durch meinen Verdauungstrakt gewandert ist.

Nachfolgend stehen eine Reihe Repertoriumsrubriken, die allesamt auf meinen Zustand zutrafen. Phytolacca – die Kermesbeere ist hier durchgehend vertreten, z.T. hochwertig oder sogar als einziges dafür bekanntes Mittel. Zum zweiten Mal konnte mir diese Arznei sehr schnell und durchgreifend helfen. Beim ersten Mal hatte ich vor einigen Jahren eine äußerst schmerzhafte Angina, die jeglicher Mittelgabe widerstand. Als dann im Verlauf der Erkrankung noch Nierenbeschwerden hinzukamen, vermutete ich, dass Phytolacca das lang gesuchte Mittel sein könnte – und es half prompt. Es hat sich bei mir nun schon zum zweiten Mal bewährt, dass bei einer mit Nierenbeschwerden einhergehenden Entzündung Phytolacca das Mittel der Wahl ist. Dieser Umstand wurde auch bereits in der Fachliteratur beschrieben, leider ist mir jedoch die Quelle entfallen, so dass ich sie jetzt nicht mitteilen kann. Phytolacca ist mitunter schwer von Mercurius zu unterscheiden und wird auch als „pflanzliches Quecksilber“ bezeichnet. Auch Mercurius ist ja für sehr heftige und schmerzhafte Anginen bekannt.
 
Rubriken :
- so begann es -
Gesicht - Entzündung - Unterkieferdrüsen
Mund - Herausstrecken, Vorstrecken - Zunge, der - agg.
Mund - Entzündung - Zunge - Zungenwurzel – rechts -- Phyt. ist hier das einzige Mittel
Mund - Schmerz - Zunge - Zungenwurzel
Mund - Schmerz - Zunge - Zungenwurzel - Herausstrecken der Zunge; beim
- so ging es nach ca. 2 Tagen weiter -
Allgemeines - Schmerz - Muskeln
Brust - Schmerz - stechend - Mammae
Brust - Schmerz - Mammae - Stillen des Kindes - beim
Gesicht - Schmerz - nachts
Brust - Entzündung - Mammae - stillenden Müttern; bei
Brust - Entzündung - Mammae – links
Brust - Schmerz - Mammae - links - erstreckt sich zu - Körper; zum ganzen -- Phyt. ist hier das einzige Mittel und ich empfand es nicht wirklich als Schmerz, aber es war ein ganz unangenehmes Schaudern
Brust - Schwellung - Mammae - Brustdrüsen
Brust - Verhärtung - Mammae - links
Brust - Verhärtung - Mammae - schmerzhaft bei Berührung
Kopf - Schmerz - nachts
Nieren - Schmerz
Schwindel - Aufrichten; beim - Bücken, vom
Kopf - Bücken - beim - agg.
Kopf - Schmerz - berstend
Nase - Absonderung - hart, trocken
Magen - Appetit - Heißhunger - Essen - nach dem Essen; bald
Rücken - Schmerz - wund schmerzend
Extremitäten - Ruhelosigkeit - nachts
Extremitäten - Schmerz - wund schmerzend
Schlaf - Schlaflosigkeit - Schmerzen, durch
Frost - Nachts (22 - 6 h)
Allgemeines - Aufrichten und Aufstehen - agg.
Allgemeines - Drüsen; Beschwerden der
Allgemeines - Essen - beim - amel.
Allgemeines - Liegen - Bett, im - agg.
Allgemeines - Ohnmacht - Aufstehen
Allgemeines - Ohnmacht - Sitzen - Aufsetzen; durch
- es war keine richtige Ohnmacht, aber mir wurde schwarz vor Augen und ich musste mich schleunigst wieder in eine Ruheposition bringen, um nicht umzukippen -
Allgemeines - Quecksilber - Mißbrauch von
- das wandernde Amalgam - abgesehen von der ständigen Belastung durch die Plomben, denen ich natürlich nach und nach zu Leibe rücke, wobei die Schwangerschaft und auch jetzt die Stillzeit nicht eben geeignet sind, sich diese Plomben austauschen zu lassen und ich somit damit aussetze -
Allgemeines - Schlaf - nach dem Schlaf - morgens - Erwachen; beim - agg.
Allgemeines - Schmerz - wund schmerzend - morgens
Allgemeines – Schwäche

Anbei noch aus der Materia Medica von Phatak die einleitende Beschreibung des Mittels für den interessierten Leser :
Allgemeines: Diese lange und tief wirkende Arznei greift in erster Linie die Drüsen an, besonders die Brustdrüsen und die Tonsillen; zudem hat sie eine starke Wirkung auf die Muskeln, speziell des Halses und Rückens, auf die Bindegewebe: Sehnen, Gelenke; auf die Knochengewebe, das Periost; auf den inneren Hals, den Verdauungstrakt und die rechte Seite des Körpers. Schmerzhaftigkeit wie wund und [anhaltende dumpfe] Schmerzen wie von [schwerem Gewicht oder] hartem Druck sowie Unruhe und Erschöpfung sind die Leitsymptome. Wehtun wie zerschlagen: am ganzen Körper; plötzlich; in den Augäpfeln; in den Nieren; am Nacken; an den Schultern; am Rücken; an den Unterarmen; unterhalb der Knie. Bläulichrote Verfärbung von Körperteilen: des inneren Halses, von Drüsen, Lymphknoten, [Augenlidern] usw. Ausstrahlende, sich ausbreitende Schmerzen. Schmerzen kommen und verschwinden plötzlich, wechseln den Ort; rheumatische Schmerzen, auch nach Tonsillitis. Ausscheidungen mit Schleimfetzen, zäh; das gilt für Stühle, Menstruationsblutung, [Muttermilch] usw. Knotenbildungen, hart und schmerzhaft. Syphilitische Knochenschmerzen. Tetanus; allgemeine Muskelrigidität; Wechsel von Verkrampfung und Erschlaffung der Muskeln. Beschleunigt den Eiterungsprozeß. Eiterabsonderung wäßrig, stinkend, jauchig. Fettleibigkeit. Verspätete Zahnung. Alles schlägt sich auf die Mammae [naßkaltes Wetter, Aufregung usw.].

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Ich weise darauf hin, dass ich eine naturheilkundlich ausgerichtete Praxis betreibe und die angewandten Therapieverfahren durch die Schulmedizin bisher keine Anerkennung fanden.